Wer hat Angst vorm schwarzen Mann

Carsten StoffelEin Kommentar von Carsten Stoffel

Wer hat Angst vorm schwarzen Mann, haben wir schon als Kinder gerne gespielt. Heute, im erwachsenen Alter, könnte man annehmen, dass der Satz folgendermaßen fortgesetzt wird: Und wenn er kommt? Dann hetzen wir.

Die Stimmung in der Stadt ist angespannt und schlecht. „Früher wäret ihr vergast worden“, müssen sich Menschen inzwischen wieder anhören. Rechtsradikale Parolen an Schaufenstern, beschädigte Wahlplakate. Eine unsägliche Debatte um das Christentum und seine vermeintlichen Symbole. Angefeuert von einer unverantwortlichen Berichterstattung über die Sicherheit in Solingen. Aus meiner Sicht unverantwortlich in zweierlei Hinsicht. Suggestiv wird den Menschen eingeredet, Solingen sei ein gefährliches Pflaster, auf dem man nur überleben kann wenn man sich bewaffnet. Ansonsten ist man der Willkür marodierender Banden schutzlos ausgeliefert. Außerdem frage ich mich, was sollen potentielle Investoren denken, wenn sie von einer gefährlichen Stadt lesen, die eigentlich zu den sichersten Städten in NRW gehört?

Viele meiner Freunde und Kollegen bestimmen die Stimmungslange inzwischen auf die Zeit von vor 1993. Diese Berichterstattung halte ich für gefährlich, denn es gibt auch Brandstifter ohne Feuerzeug. Das diese Situation von jemandem herbeigeredet, beziehungsweise geschrieben wird, der sich eigentlich um die Entwicklung Solingens für das Jahr 2020 kümmern will, macht mich besonders betroffen. Lediglich interessierte Gruppen reiben sich die Hände und freuen sich über Zulauf.

Natürlich ist Solingen nicht rosarot. Auch bei uns gibt es sicherlich Probleme und Menschen die Angst haben, dies sollte man auch ernst nehmen. Ich empfehle dazu, sich einmal mit den Fachleuten zusammen zu setzen. Ich habe das gemacht. Ich habe mit Menschen, wie dem Caritasdirektor Dr. Christoph Humburg, gesprochen und mir ihre Sicht der Dinge angehört. Mehr Sachlichkeit fordert der Theologe und er hat Recht. Nicht über, sondern mit den Menschen reden. Dies kann auch nicht von einer Lenkungsgruppe ‘Solingen 2020′ ersetzt werden, in der sich Männer von gestern über die Probleme von morgen unterhalten.

Übrigens, dass man älteren Leuten die Blumen vom Grab geklaut hat gab es früher schon, als ich noch „wer hat Angst vorm schwarzen Mann“ spielte.

Erstellt von am 07 09 2013. Publiziert unter Meinung. Sie können alle Kommentare verfolgen via RSS 2.0. Sie können einen Kommentar hinterlassen, oder einen Trackback von ihrer Seite aus machen.

Einen Kommentar Für “Wer hat Angst vorm schwarzen Mann”

  1. Joachim Römelt

    Ich empfinde das ganz ähnlich. Wir sind keine problemfreie Stadt. Aber es kann nicht gut sein, Ängste zu schüren und das “subjektive Bedrohungsgefühl” auch noch zu verstärken, anstatt mit Fakten zu korrigieren, wie es die Polizeipräsidentin und Kriminalisten tun. In dem Zusammenhang macht mir der Ton der Tageblatt-Reihe über Sicherheit in Solingen echt Sorgen. Und was die Situation vor P+C betrifft: Ich kenne persönlich niemanden, der sich durch die Menschen dort wirklich bedroht gefühlt hat. Wir haben nun mal nicht den Anspruch, ständig und überall von gesellschaftlichen Problemen und menschlicher Not unbehelligt zu bleiben. Leben bedeutet, auch damit konfrontiert zu werden und es bis zu einem bestimmten Punkt auszuhalten. Und nach Lösungen zu fragen, anstatt sich von Bedrohungsängsten zerfressen zu lassen. Die haben m.W. noch nie was Positives bewirkt.

    In diesem Sinne: Vielen Dank für den Kommentar!

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