Solingen/Weilburg Es gibt kaum ein Tier, über das so viele Vorurteile kursieren wie über die Schweine. Dabei müssten wir spätestens seit Schweinchen Babe wissen, wie pfiffig und liebenswert die grunzenden Borstentiere sein können.
Schwitzen wie ein Schwein? Dreckig wie ein Schwein? Dumme Schweine? Wissenschaftler haben sich damit auseinander gesetzt und Erstaunliches herausgefunden. Zum Beispiel, dass Schweine in der Lage sind, sich selbst in einem Spiegel zu erkennen.
Sogar kleine Menschenkinder lernen erst mit ungefähr einem Jahr, dass das Wesen, das ihnen aus einem Spiegel entgegenblickt, sie selbst sind. Und unter den Tieren gibt es nur wenige, die diese intellektuelle Leistung erbringen können. Menschenaffen können es, Delfine, Elefanten und ein paar Vogelarten. 2009 haben Wissenschaftler an der britischen University of Cambridge herausgefunden: Auch Schweine sind dazu in der Lage.
Wie die meisten Tiere haben die Schweine im Versuch zunächst gedacht, der Kerl im Spiegel sei ein Artgenosse. Aber innerhalb von fünf Stunden haben sie die Verbindung zwischen ihrer eigenen Bewegung und der im Spiegel erkannt. Und in einem weiteren Schritt haben sie sogar ihr Wissen umsetzen können: Ein Futternapf, der hinter einer Abdeckung versteckt war, konnte nur im Spiegel gesehen werden. Sieben von acht Schweinen ließen sich durch das Abbild im Spiegel nicht irritieren und steuerten zielstrebig den Futternapf an. Sie brauchten keine 25 Sekunden, um den Trick mit dem Spiegel zu durchschauen.
„Kein Mann sollte Präsident werden dürfen, wenn er Schweine nicht versteht“
Harry S. Truman, der 33. Präsident der Vereinigten Staaten, wird gern mit dem Satz zitiert: „Kein Mann sollte Präsident werden dürfen, wenn er Schweine nicht versteht.“ Was er der Menschheit damit sagen wollte, darüber kann man nur spekulieren. Tatsache ist, dass solche unter uns, die sich mit diesen Borstentieren näher beschäftigt haben, Erstaunliches berichten.
Wer jemand anderen ein dummes Schwein nennt, beleidigt damit nicht zuletzt das Schwein. Denn diese Tiere sind keinesfalls dumm. An der Penn State University haben sich Wissenschaftler intensiv mit dem Verhalten von Schweinen beschäftigt. Professor Stanley Curtis beispielsweise fand heraus, dass sie „einer abstrakten Vorstellung fähig sind“. Schweine könnten sich ein Icon merken und sich später daran erinnern, sie seien hervorragend darin, mit Hilfe von Joysticks einfache Videospiele zu spielen, berichtet der Professor in der einschlägigen Fachpresse.
Schweine haben ein eigenes Kommunikationssystem
Er war verblüfft über die offensichtlichen Fähigkeiten von Schweinen zu denken und zu beobachten. Sie seien „viel schlauer als Hunde“ und bei Videospielen sogar besser als manche Menschenaffen. Seine Kollegin Sarah Boysen erklärte, die Tiere seien „imstande, sich mit einer Intensität zu konzentrieren, die ich nie bei einem Schimpansen gesehen habe“.
Wo Schweine sich frei bewegen und mit Artgenossen zusammenleben können, bilden sie komplexe soziale Einheiten und lernen voneinander. Sie kommunizieren permanent miteinander, beobachteten die Forscher und identifizierten mehr als 20 verschiedene Oinks, Grunzer und Quieker für verschiedene Situationen – vom Liebeswerben bis zum Laut für „Ich habe Hunger“.
Professor Curtis hat mehreren Schweinen eine Frisbee-Scheibe, eine Hantel und einen Ball hingelegt und ihnen beigebracht, darüber zu springen, sich daneben zu setzen oder die Gegenstände differenziert zu apportieren. Das Erstaunliche war: Sie konnten sich noch drei Jahre später an diese Gegenstände erinnern.
An der University of Illinois haben Wissenschaftler herausgefunden, dass Schweine bestimmte Temperaturen bevorzugen. Durch „Trial and Error“, also durch Ausprobieren haben die Tiere gelernt, wie sie in einer kalten Scheune die Heizung einschalten können, wenn es ihnen zu kalt wurde. Und wie sie wieder auszuschalten ist, wenn es ihnen zu warm wurde.
Futter für die Schweine
Suzanne Held studiert am Zentrum für Verhaltensbiologie an der University of Bristol die kognitiven Fähigkeiten von Nutztieren. Sie hat herausgefunden, dass Schweine sich sehr gut merken können, wo sie Futter finden. Denn in ihrer natürlichen Umgebung zahlt sich so ein Wissen aus, weil dort das Futter sehr ungleichmäßig verteilt ist. Dabei erinnert sich der geneigte Leser auch an die viel zitierten Trüffelschweine, die Weltmeister darin sind, die aromatischen Knollen tief in der Erde zu erschnüffeln.
Und wussten Sie, dass neugeborene Ferkel ihre Mutter an der Stimme erkennen und die Muttertiere ihren Ferkeln beim Säugen etwas „vorsingen“? Auch das fanden Wissenschaftler heraus.
Die Mär von den Dreckschweinen übrigens muss wohl auch überdacht werden, Denn Schweine, die ausreichend Platz haben, werden nie an die Stelle koten und urinieren, an der sie schlafen oder fressen. Sie suchen sich vielmehr eine Ecke dafür, die sie nur zu diesem Zweck benutzen. Und „schwitzen wie die Schweine“ tun Schweine übrigens auch nicht. Vielmehr sind sie gar nicht in der Lage zu schwitzen. Deshalb suhlen sie sich gern in Wasser oder Schlamm, um sich abzukühlen.
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www.mittelhessenblog.de Christoph Georg Baron von Gallera (so steht es korrekt im Impressum) ist gelernter Landwirt und Journalist. Von Biebertal aus macht er freien Journalismus aus Mittelhessen und ist Herausgeber des mittelhessenblog.de. Gemeinsam mit Redakteuren aus fast allen Landkreisen in Mittelhessen fasst er auch schon einmal politisch schwierige Themen an. Dazu gehörte auch der angebliche Neonaziskandal rund um dieKeltensiedlung Glauberg, wo er mit der Berichterstattung bundesweite Resonanz erhielt.
www.weilburger-nachrichten.de Auch die Weilburger Nachrichten, herausgegeben von Karl-Josef Schäfer, sind im dritten Jahr des Bestehens aus der alten nassauischen Residenzstadt nicht mehr wegzudenken. Das “Guten Tag, Weilburg!” zu Beginn eines jeden Beitrags wurde schnell zum festen Begriff. “Manchmal kritisch – aber immer für Weilburg” ist der Untertitel der Internetzeitung, die sich an circa 13.000 WeilburgerInnen richtet.
….und dem Solinger Boten.
Antonietta
05/03/2012 bei 09:52
Doppelmoral:
Einerseits heißt es “Du sollst nicht töten”. Und dann töten wir Milliarden Tiere, um sie zu essen. Aber wir essen nicht alle Arten. Es gibt anscheinend Tiere, die mehr wert sind als andere. Ist das richtig? Ist ein Hund mehr wert als eine Kuh? Oder ein Hamster mehr als ein Huhn? Wir essen Küken und Hühner. Aber Kätzchen essen wir nicht. Warum??
Thorsten Hausen
11/03/2012 bei 11:22
@Antoniette: Wer sagt denn dass Hunde, Hamster, Katzen und andere Tiere nicht gegessen werden? Dann schauen sie sich doch bitte mal in anderen Kulturkreisen um, da ist der Verzehr dieser Tiere (und nebenbei ALLER anderen Tiere) durchaus üblich.
Die Tatsache das bestimmte Tiere sich aber zum Verzehr weniger eignen ist einzig ein Frage der Wirtschaftlichkeit. Die Rechnung ist einfach: Lebens- /Haltungszeit, der damit verbundene Aufwand und Kosten für Futter und Wasser müssen in einem wirtschaftlichen Verhältnis zur Ergiebigkeit der Fleischmenge, also des Gewinns, stehen. Würde eine Katze 600kg Fleisch bei ihrer Schlachtung abwerfen kann ich ihnen versichern: Wir würden sie essen.
Jay Cie
06/03/2012 bei 09:19
Der Vorschreiber hat “Amen” vergessen
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