Solingen/Wie die Solinger mit etwas ganz neuem umgehen, zeigt das Beispiel der modernen Sitzgelegenheit vor dem Hauptbahnhof. Diese Bank ist nicht nur einfach neu. Dann würde die Bank in einer anderen Stadt stehen.
Nein, sie steht in Solingen und unterliegt damit zwangsläufig einer Sezierung durch alt eingesessene Solinger mit Platzhirsch Verhalten. Hier gilt das Wort: meine Interpretation hat Bestand. Es wäre zu einfach, nein es wäre Strafbar, wenn man denen sagen würde: setz dich doch verdammt nochmal einfach auf die Bank. Oh nein, das geht so nicht.
Da wird zunächst einmal über den Preis, den Sachwert der Bank breit diskutiert. 39.000 Euro kostet die Augenweide und die Stadt Solingen trägt davon grade mal 11.700 Euro.
Wie viel die Stadt ohne Wissen der Bürger bei Anlagegeschäften verzockt hat, davon ist keine Rede. Und dann ist „wichtig“ wer sich auf die Bank setzt. Ich habe die Leute kennen gelernt, ich habe mich zu ihnen gesetzt. In knapp einer Stunde haben aus sicherer Entfernung neun „normale“ Passanten mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf die Menschen auf der Bank gezeigt.
Nun hatten wir schon zwei Fakten: Den Preis der Bank und die Penner auf der Bank. Der Preis macht wütend, und da nur Penner darauf sitzen, sind die das in Schuld. Im Gespräch eines älteren Ehepaares hört sich das so an:“Die Bank kost 39.000 Euro, die suppen den janzen Dach datt Akka und wir möütten et betalen.“ So sind die Solinger.
Die Realität sieht einer der „Bank Räuber“ gelassener:“Wir sitzen hier, weil jeder hier sitzen darf, und wir trinken hier Bier, wozu sich andere in der Wohnung verstecken.“ Tatsächlich setzte sich auch niemand auf diese Bank. Meine Bank Genossen war ein Kreis von acht Frauen und Männer. Die Unterhaltung bestand aus eher banalen Themen. Lautstarke Pöbeleien gab es nicht, das Bier wurde eher in Maßen getrunken als gesoffen.
Das Verhalten um diese Bank ist ein kommunal bedingter Vorurteilsfaktor mit einem Schuss Diskriminierung. Hier zeigt sich bodenständiger Konservatismus einer Großstadt, die nie und zu keiner Zeit über ihren dörflichen Tellerrand hinaus geguckt hat. Diese Stadt steht zu ihrer Doppelmoral.
Ich verabschiedete mich von den Leuten auf der Bank und ging auf ein altes Paar zu. Die Frau, eben noch schnell ihren ausgestreckten Zeigefinger zurück ziehend, bemerkte wispelnd zu ihrem Mann:“Pass op, Hermann, do kütt einer van demm Jesocks…“
Ich drehte mich um, aber nein, die Dame meinte wirklich mich.
Peter
13/09/2011 bei 18:03
Der Artikel ist super ! Ich habe herzhaft gelacht. Manchmal übertrifft Realität die Satire
Birgit Thies
13/09/2011 bei 18:30
Dat “Jesocks” gehört auch zu unseren Mitbürgern ! Wenn die Leute vorher an gleicher Stelle am Brunnen sassen warum sollten sie nicht auch auf der teuren Bank sitzen, irgendwo möchten auch diese Leute sich treffen, warum also nicht am bekannten Ort ?
jörg
13/09/2011 bei 21:34
Herrlich !!
Jens
20/09/2011 bei 16:49
”Hier zeigt sich bodenständiger Konservatismus einer Großstadt, die nie und zu keiner Zeit über ihren dörflichen Tellerrand hinaus geguckt hat. Diese Stadt steht zu ihrer Doppelmoral.”
Armes Solingen und das bei soviel potential - Schade!